In den Gremien der Stadtpolitik werden seit einigen Jahren verstärkt die Themen demografische Entwicklung und die daraus abzuleitenden Bedarfe und Handlungserfordernisse diskutiert. Ein wesentlicher Baustein ist der mögliche Wohnungsbau in zentraler Lage des Stadtteils Hohen Neuendorfs. Bestehende Konzepte für das Areal beidseits der Oranienburger Straße waren an aktuelle Bedarfe und Anforderungen anzupassen, inhaltlich fortzuschreiben und zu konkretisieren.
Im Folgenden werden die vier Entwürfe und der Masterplan anhand ausgewählter Darstellungen und erläuternder Texte vorgestellt.
Die Verfassenden schlagen ein städtebauliches Konzept in zwei möglichen Entwicklungsstufen vor: In einer Basisversion mit einem Zeithorizont von 25 Jahren werden ca. 700 neue Wohnungen geschaffen, wobei die Waldfläche im Osten des Gebietes erhalten und als Erholungsraum für die Bewohner*innen qualifiziert wird.
Die so genannte Zukunftsvision für die nächsten 50+ Jahre zeigt auf, wie das Quartier aussehen könnte, wenn es im Bereich der östlichen Waldfläche um ca. 300 Wohnungen erweitert wird.
Das städtebauliche Konzept gliedert sich in zwei dichte Quartiere östlich und westlich der Oranienburger Straße. Jedes der Quartiere verfügt über einen zentralen öffentlichen und identitätsstiftenden Freiraum, der von Raumkanten der umstehenden Gebäude gefasst wird. Im Westen entsteht das Blaue Herz und im Osten die Grüne Lunge. Bindeglied ist ein drittes so genanntes Urbanes Quartier, das sich links und rechts der Oranienburger Straße befindet und diese einerseits räumlich fasst und andererseits einen neuen Stadtplatz ausformuliert.
Die Bebauungsstruktur ist im Zentrum geprägt durch überwiegend drei- bis viergeschossige offene Blockrandbebauungen mit einzelnen Hochpunkten bis fünf oder sechs Geschosse. An den Rändern schaffen kleinere, 3-geschossige Townhouses den Übergang zu den umliegenden Wohnquartieren. Zur Bahn hin wird eine überwiegend geschlossene Bebauung ausgebildet, die zugleich eine Lärmschutzfunktion übernimmt. Zwei 6- bis 7-geschossige Baukörper am Brückenkopf links und rechts der Oranienburger Straße bilden ein Stadttor.
Das Quartier ist geprägt durch eine überwiegende Wohnnutzung mit verschiedenen Wohnungstypen und –größen für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen. Zur Bahn und zur Bundesstraße hin werden einzelne gewerblich oder gemischt genutzte Baukörper (Büro und Gewerbe, Wohnen und Gewerbe) angeordnet. Entlang der Bahn befinden sich außerdem die beiden Quartiersgaragen.
Sie gliedert sich in drei durch Freiräume verbundene, verdichtete Quartiere: das Waldquartier, das Urbane Quartier und das Parkquartier. Diese weisen ähnliche städtebauliche Strukturen und Größen auf, haben jedoch einen individuellen Charakter.
Jedes Quartier verfügt über eine Quartiersgarage und gruppiert sich jeweils um einen Quartiersplatz, der als sozialer und kommunikativer Treffpunkt dient und Aufenthaltsmöglichkeiten bietet. Gewerbliche, soziale und gemeinschaftliche Nutzungen in den Erdgeschosszonen an den Plätzen fördern kurze Wege im Quartier und beleben den öffentlichen Raum. Um die Quartiersplätze gruppieren sich kompakte, differenziert gestaltete Wohnblöcke, sog. Hofgruppen. Diese bestehen überwiegend aus drei- bis viergeschossigen unterschiedlichen Gebäudetypologien, die sich um gemeinschaftliche, begrünte Innenhöfe herum anordnen.
Gemischte Typologien aus Mehrfamilienhäusern und Reihenhäusern schaffen vielfältige Wohnformen für unterschiedliche Zielgruppen und Lebensphasen und integrieren sozialen Wohnungsbau und Mehrgenerationenwohnen. Es entstehen rd. 610 Wohneinheiten.
Gewerbliche Nutzungen ergänzen das Angebot. Im Urbanen Quartier an der Oranienburger Straße wird ein Nahversorgungsangebot in Form eines (Bio-)Supermarktes geschaffen. Weitere gewerbliche Nutzungen werden entlang der Oranienburger Straße in den Erdgeschossen der Gebäude und in den Quartiersgaragen integriert.
Die Erschließung des neuen Stadtquartiers erfolgt über zwei Anbindungen an der Oranienburger Straße. Die südlichen beiden Quartiere werden über einen kleinen Kreisverkehr angebunden, das nördliche Quartier über eine kleine Stichstraße. Ein so genannter innerer Ring ermöglicht eine Ringerschließung und Verbindung der drei Quartiere untereinander. Überörtliche Fuß- und Radwege binden die Quartiere an die umliegenden Gebiete und die Gesamtstadt an.
Die neuen Quartiere werden weitgehend autofrei geplant. Die PKW-Stellplätze werden daher vor allem in Quartiersgaragen untergebracht, die sich jeweils an den Quartierseingängen befinden. Die multifunktionalen Quartiersgaragen werden als sog. Mobilitätshubs konzipiert, die neben der notwendigen PKW-Stellplätzen auch Sharing-Angebote, Fahrradstellplätze, Ladeinfrastruktur und Raum für weitere Nutzungen bieten. Quartiersinterne Wege werden vorrangig zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt. Für Menschen mit Behinderungen sollen zudem ausreichend wohnungsnahe Stellplätze vorgesehen werden.
Der Entwurf von KSV Krüger Schuberth Vandreike steht unter dem Leitbild eines Schmetterlings, der seine Flügel beidseitig der B96 in Hohen Neuendorf ausbreitet. Aus dem Körper wachsen Kraftlinien, die sich verzweigen. Seine Flügel enthüllen grüne Stadtquartiere, in der Wald- und Auenlandschaft. Öffentliche Plätze, Grünflächen und Gärten erschließen die locker gesetzten Häuser. Die Bebauungsstruktur gliedert sich in die verbindende Kaskade, das Waldviertel im Nordosten und das Auenviertel im Südwesten.
Die Bebauung gliedert sich in das Auenviertel im Westen und das Waldviertel im Osten, die durch die Kaskade in Ost-West-Richtung verbunden werden. Der Name Kaskade leitet sich aus den zueinander versetzten Stadträumen ab, welche durch die Baufluchten der angrenzenden Häuser gegliedert werden. In der Mitte der Kaskade verläuft der Community-Park, welcher die bestehenden und neuen Quartiere über die B96 hinweg verbindet.
Entlang der Kaskade werden überwiegend viergeschossige gemischt genutzte Gebäude angeordnet. Zur Bahn hin orientieren sich dabei größere Baukörper.
Den Quartiersauftakt bilden an der Oranienburger Straße zwei 6- bis 8-geschossige Turmhäuser, die im EG gewerblich und in den OGs für Wohnen genutzt werden. In zweiter Reihe werden entlang der Bahntrasse Mobility-Hubs angeordnet, die mit gewerblichen Nutzungen kombiniert sind. Daran schließen gemischt genutzte Gebäude für Wohnen und Gewerbe an. Die Gebäude entlang der Kaskade werden in Zick-Zack-Bebauung angeordnet und fassen den entstehenden öffentlichen Raum, der im Sinne einer Rambla als urbaner Flanier- und Begegnungsraum verstanden wird und durch die angrenzenden Angebote für den täglichen Bedarf belebt werden soll.
Die Erschließung des Quartiers erfolgt über einen Kreisverkehr an der Oranienburger Straße und die Kaskade. Die Quartiere sollen überwiegend autoarm und verkehrsberuhigt gestaltet werden. Daher sieht der Entwurf in zweiter Reihe westlich und östlich der Oranienburger Straße jeweils einen Mobility-Hub vor, in denen u.a. 50% der notwendigen PKW-Stellplätze untergebracht werden.
Am westlichen und östlichen Ende der Kaskade bindet je ein weiterer kleiner Kreisverkehr die Privatstraßen des Auen- und des Waldviertels an. Diese sind als Ringstraßen mit begleitenden Grünstreifen angelegt und erschließen die Wohngebäude. Tiefgaragen unter den Loftvillen und Carports vor den Atelier- und den Twinhäusern nehmen die weiteren notwendigen PKW-Stellplätze auf. Einzelne Kurzzeitstellplätze für Gäste werden ergänzend innerhalb der Kaskade und in den Mobilitätshubs angeboten.
Das Entwurfskonzept von Octagon Architekturkollektiv und KRAFT.RAUM basiert auf den vorhandenen Qualitäten des Areals und entwickelt die landschaftlichen Qualitäten, die Eigentumsverhältnisse, baulichen und verkehrlichen Bezüge des Ortes sensibel zu einem attraktiven neuen Quartier weiter. Die vermeintlich einschränkenden Bedingungen durch trennende Infrastrukturen (Bahn, Oranienburger Straße), Lärmbelastungen und Eigentumsverhältnisse werden zum Entwurfsprinzip, es entsteht ein stadtklimatisch stark durchgrüntes Quartier, kompakte Nachbarschaftsinseln formen sich selbstverständlich aus den Gegebenheiten des Ortes heraus.
Die Nachbarschaftsinseln selbst gruppieren sich jeweils um eine Straßenaufweitung, sog. Nachbarschaftstaschen bzw. -plätze. Die Abfolge dieser untereinander verbundenen Nachbarschaftsplätze bildet ein weiteres zentrales Freiraumelement. Um die Plätze herum werden verschiedene Wohnblöcke mit gemeinschaftlichen Höfen und unterschiedlichen Bebauungstypologien (die Reihe, der Lange, der Punkt, der Kurze, der Verbinder) angeordnet. Durch die unterschiedlichen Typologien wird eine bauliche und soziale Vielfalt im Quartier garantiert.
Die Varianz der Wohntypologien reicht von Winkelhäusern, durchgesteckten Zeilen, über Punkthäuser mit Kernerschließung und Doppelhäuser bis zu unterschiedlichen Reihenhaustypen. Aufgrund der Verwendung wiederkehrender Typologien ist eine wirtschaftliche Errichtung des Quartiers gewährleistet. Im Quartier sollen ca. 725 Wohneinheiten entstehen.
Zu den Plätzen hin orientieren sich dabei eher größere meist vier- bis fünfgeschossige Baukörper (der Verbinder, der Lange), während zu den Siedlungsrändern bzw. an den Übergängen zur Bestandsbebauung kleinteiligere überwiegend zwei- bis dreigeschossige Kubaturen (die Reihe, der Punkt, der Kurze) anschließen. Die Gebäude an den Plätzen verfügen jeweils über aktive Erdgeschosszonen, bieten Raum für gemeinschaftliche Mobilitätsangebote und tragen zur Belebung des öffentlichen Raums bei.
Eine Besonderheit des Entwurfs bildet die Himmelspagode, die konzeptionell integriert und umgenutzt wird (alternativ wird eine Bebauung vorgeschlagen, sofern die Pagode wegfällt). In Verbindung mit der Pagode, die künftig als Hotel oder Pension genutzt werden könnte, sieht der Entwurf eher gewerbliche Nutzungen vor, die sich vor allen Dingen zur Bahn hin orientiert.
Die Erschließung des neuen Quartiers erfolgt über eine neue Kreuzung an der Oranienburger Straße. Von hier ausgehend werden die Nachbarschaftsinseln jeweils durch eine Stichstraße in westlicher und in östlicher Richtung erschlossen.
Das Erschließungssystem arbeitet mit unterschiedlichen Verkehrsräumen, die individuelle räumliche Qualitäten und Nutzungsmöglichkeiten bereithalten sollen. So weitet sich der Straßenraum immer wieder zu zentralen Nachbarschaftstaschen auf. Von hier ausgehend erschließen Gassen die weiteren Wohnadressen.
Der ruhende Verkehr wird für Kurz- und Besucherparken straßenbegleitend organsiert, alle weiteren Stellplätze werden in Quartiersgaragen untergebracht. Jeweils für den westlichen und den östlichen Teil der Oranienburger Straße wird je eine Quartiersgarage errichtet, die nah an der Haupterschließung Oranienburger Straße liegen. Dadurch wird der ruhende Verkehr gebündelt organisiert und das Verkehrsaufkommen weiter reduziert. Die Einfamilienhäuser verfügen über separate Stellplätze. Für das Gewerbe entlang der Bahn wird der ruhende Verkehr ebenfalls in den Quartiersgaragen untergebracht, die zusätzlich Car-Sharing Angebote bereithalten. Das gesamte Quartier kann zu Fuß und mit dem Fahrrad durchquert werden.
Das Freiraumkonzept basiert auf einer ökologisch nachhaltigen Quartiersentwicklung. Der Aufbau des neuen Quartiers wird aus den landschaftlichen Bezügen heraus gedacht, bauliche Auslastung, naturräumliche Qualitäten, Gehölzbestand sowie Regenwassermanagement werden in einen gleichwertigen Zusammenhang gesetzt. Der Entwurf will den Herausforderungen des Klimawandels gerecht werden und strebt insb. die Förderung der Biodiversität, die Schaffung von Trittsteinbiotopsystemen, einen geringen Versiegelungsgrad sowie eine Gestaltung im Sinne des Schwammstadtprinzips an.
Eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung des Areals stellt eine tragfähige Erschließung dar. Wegen der Bedeutung und verkehrlichen Belastung der Bundesstraße sind sowohl das westliche und östliche Quartier über einen Knotenpunkt an die B96 anzubinden. Ob dieser Knotenpunkt als Kreuzung oder Kreisverkehr auszuführen ist, wird im weiteren Verfahren zu prüfen sein. Der Masterplan sieht hier als Platzhalter zunächst einen Kreisverkehr vor.
Die quartiersinterne (Haupt-)Erschließung für den MIV wird in den beiden Quartieren westlich und östlich der B96 jeweils über eine Ringerschließung gewährleistet. Diese hat den Vorteil Durchgangsverkehre zu vermeiden und angrenzende Gebiete nicht zu belasten. Ein ergänzendes straßenunabhängiges Fuß- und Radwegenetz – ggf. mit Querungsmöglichkeit der Bahntrasse – fördert die Durchwegung des Quartiers und Vernetzung mit der Umgebung. Der ruhende Verkehr soll zu 50% ebenerdig an-geboten werden. Die übrigen Stellplätze sind überwiegend in zwei Quartiersgaragen untergebracht, die jedoch bewusst nicht in der 1. Reihe an der B96 angeordnet wurden.
Das Quartier weist insgesamt eine angemessene städtebauliche Dichte auf, wobei der Fokus des neu entstehenden Wohnraums auf stark nachgefragtem Geschosswohnungsbau liegt. In den Kernbereichen ist eine Bebauung mit bis zu 4 Geschossen vorgesehen. An den Übergängen zu den bestehenden Wohngebieten wird die Bebauung kleinteiliger und staffelt sich auf zwei bis drei Geschosse ab. Entlang der Bundesstraße und Bahntrasse hingegen sind Gebäude mit 4 bis 5 Geschossen vorstellbar, die auch Raum für gewerbliche Nutzungen bieten und zugleich eine Lärmschutzwirkung übernehmen.
Der Masterplan formuliert damit den groben Rahmen für die künftige Quartiersentwicklung und dient als „Leitplanung“, die in weiteren Verfahren zu konkretisieren ist. Die verschiedenen Grundlagen des Masterplans wie z.B. die Bildung eines tragfähigen Erschließungssystem (kurze Wege, geringe Verkehre in Wohnbereichen, kaum Durchgangsverkehre auch in benachbarten Bereichen etc.), Grundstücksbildungen, Nutzungsverteilungen (Wohnen, Einkaufen, Mischbereiche), Überbauungsvorschläge, Grün- / Freiflächen sowie Sport- und Freizeitangebote sind so strukturiert, dass sie auch langfristig für veränderte Rahmenbedingungen flexibel anpassbar sein.